„Identität(en)“: Künstlerisches Werkstattseminar mit der Carlo-Schmid-Schule:
Das Thema „Identität(en)“ war im Jahr 2016 Dreh- und Angelpunkt mehrerer verschiedener Seminare im wannseeFORUM. Nach einem FSJ/Kultur-Wahlpflichtseminar Bildende Kunst im April und der Pfingstakademie Jugendbeteiligung im Mai ging es zum Jahresende auch in einem künstlerischen Werkstattseminar mit der Carlo-Schmid-Schule vom 5. bis 10. Dezember um dieses Thema. Zu Gast im wannseeFORUM war die Klasse 8.23 der Spandauer Schule, die sich in den drei parallelen Musik/Songwriting, Performance und Foto-Film mit dem Ich-, Wir- und Ihr-Sein auseinandersetzte.
Am ersten Seminartag wurde u.a. die politische Spannbreite des Themas mit den Jugendlichen ausgelotet. Die Teilnehmenden wurden gebeten, sich auf einer imaginierten „Zustimmungs-Skala“ im Raum zu verteilen, je nach ihrer Position zu identitätspolitischen Fragestellungen: Soll man als Staatsdiener*in, z.B. als Lehrer*in, religiöse Symbole zur Schau tragen dürfen? Sollen Familien, die in Deutschland leben, zuhause Deutsch sprechen (müssen)? Und sollte man Linkshänder zu Rechtshändern umerziehen? Nicht zuletzt ausgelöst von der letzten Frage wurden unterschiedliche Vorstellungen davon diskutiert, woraus sich unsere Identität zusammensetzt, und auch thematisiert, wie sich diese Vorstellungen und auch „Bewertungen“ und Hierarchisierungen von Identitäten im Laufe der Zeit ändern können: Was vor einiger Zeit noch als selbstverständlich galt, ist heute kaum noch vorstellbar – oder etwa doch?
In der künstlerischen Werkstattarbeit setzten die Teilnehmenden dann an ihren eigenen Vorstellungen von Identität(en) an, und an der Frage, was genau unsere eigene Identität ausmachen kann. Die Gruppe Foto-Film (Leitung: Anna Kohlschütter) widmete sich dem Unterthema Familie: Die Familie wurde hier betrachtet als eine Art Urzelle der Identitätsbildung. Gezeigt wurde die Tragödie einer eigentlich „ganz normalen“ Familie: Der entstandene Foto-Film (eine zu Musik animierte Abfolge einander überblendender Standbildern) erzählte aus der Perspektive der jüngsten dreier Schwestern, welche Erschütterungen die Trennung der Eltern in das ursprünglich stabile familiäre Gefüge brachte. Die Auswirkungen auf die verschiedenen Familienmitglieder sind verschieden, allen gemeinsam ist jedoch, dass das Auseinanderbrechen der Familie tiefe Spuren hinterlässt.
Die Performance-Werkstatt (Leitung: Vinzenz Fengler) lotete in ihrer Arbeit das Spannungsfeld zwischen Einzel- und Gruppenidentitäten aus. In eindrücklichen Bildern und großer Ernsthaftigkeit präsentierten die Jugendlichen aus dem Spandauer „Brennpunktkiez“ Heerstraße-Nord Einblicke in ihr Innerstes: was macht mich aus, was liebe ich, was macht mich wütend und traurig – und was wünsche ich mir? Aus den acht Individuen bildete sich im Laufe der Kunst-Lese-Performance eine Gruppe, die sich sowohl zum Individuellen als auch zum gemeinschaftlich Geteilten bekannte: „Es geht um Unser Ich – Unser Wir – Unser Leben!“
Eine ähnliche Quintessenz präsentierte die Musik-Werkstatt (Leitung: Cenk Arpa) am Ende des Seminars: „I am who I am. You are who you are. This is our life“ – so lautet der eingängige Refrain des Songs, den die Gruppe im Laufe der Woche gemeinsam geschrieben hatte. In den auf Englisch und Deutsch gesungenen Strophen ging es um wichtige Bestandteile der Identität der beiden Sängerinnen, und auch um die zentrale Rolle, die Musik dabei spielt.
Am Ende des Seminars stand neben den zahlreichen eindrücklichen Kunstwerken und Performances auch die Erkenntnis, dass die Kunst einige Antworten auf die großen Fragen des Ich-, Du- und Wir-Seins bieten kann – und dabei viele neue Fragen aufwirft.
Foto-Impressionen aus dem Seminar:
Die Seminare wurden gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.
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