Was macht eigentlich die eigene Identität aus? Welche Rolle spielt sie in einer Gruppe und in der Gesellschaft? Und wie entstehen Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Einzelnen und Gruppen? Wie kann man diesen entgegenwirken? 32 Schüler*innen einer 10. Klasse des Heinz-Bergruen-Gymnasiums setzten sich vom 11. bis 17.September in den Werkstattgruppen Fotografie, Musik und Theater mit dem Thema auseiander und erprobten künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten, um ihre gewonnen Erkentnissen, Blickwinkel, Ideen und Frage dazu darzustellen zu können.
Die Teilnehmenden der Musik-Werkstatt setzten sich zunächst intensiv mit der eigenen aber auch der Gruppenidentität auseinandergesetzt. Kein ganz so einfaches Unterfangen, sich aus der schützenden Gruppenidentität zu lösen und sich ganz auf sich zu konzentrieren, fanden viele; und dann noch etwas von sich preisgeben. Ein Weg über die Musik musste her: Mit welchen musikalischen Mitteln kann ich etwas über mich als Einzelindividuum preisgeben und Gefühle ausdrücken, die sonst im Verborgenen bleiben. Schnell wurde dieser Weg gefunden, da fast alle in der Gruppe ein Instrument beherrschten. Als Ergebnis stand dann „Die lebende Jukebox“ bereit; so der Titel der beeindruckenden musikalischen Performance. Diese symbolisch aufgestellte Box war mit neun kurzen Songs gefüttert, die nacheinander aufgerufen wurden und die jeweils einen Teil der Identitäten der einzelnen Gruppenmitglieder wiedergaben. Dies reichte von rein instrumentalen Stücken über gesungene Lieder bis hin zu performativen Einlagen, an der die ganze Gruppe beteiligt war.
Beeindruckend war auch die Aufführung der Theater-Werkstatt. Auch dort hatte sich die Teilnehmenden zunächst mit dem Thema Identität auseinandergesetzt: Wann und warum sind Menschen unterschiedlich? Was gibt es in der Gruppe für Gemeinsamkeiten? Wie und warum verändern sich Eigenschaften von Menschen durch und im Verlauf des Lebens? Auf Grundlage dieser Fragen entwickelten die Teilnehmenden ein Stück , in dem die Identitäten der einzelnen in Form schauspielerisch dargestellter Gefühle sichtbar gemacht wurden. Die Aufführung zeigte wie diese Eigenschaften und Gefühle sich in der Gruppe miteinander verweben, wie sich Individuen gegenseitig beeinflussen, wie sich Geschichten und Lebenswege kreuzen. So konnte im Ergebnis ein sehr emotionales und bewegendes Stück bewundert werden.
Diesen beiden sehenswerten Ergebnissen in nichts nach stand die Präsentation der Foto-Werkstatt. Auch hier wurden zunächst Aspekte der eigenen- und der Gruppenidentität ausgelotet, aber auch Fragen nach Geschlechterrollen und -Klischees. Was ist typisch weiblich, was männlich und kann man über Geschlechterzuschreibungen überhaupt kategorisieren? Wie stark definiere ich meine Identität über Aussehen und Kleidung? Was bedeutet Schönheit? Wie wichtig ist mir das, wie präsentiere ich mich auf einem Foto? Schnell war dann die Idee geboren, mit diesen Klischees und Zuschreibungen zu spielen, diese auch zu überzeichnen. So posierten die Mädchen teilweise mit angemalten Bärten und die Jungen wurden von diesen geschminkt und nahmen weibliche Posen ein. Aus diesem Shooting-Material wurde ein Foto-Film zusammengeschnitten, der in sehr schnellen Bildfolgen die einzelnen Gruppenmitglieder in diesen Posen zeigte und so eine Art Gruppenidentität abbildete. Unterbrochen waren die schnellen Schnitte durch längere Standbilder der Einzelnen die mit persönlichen schriftlichen Statements der jeweils gezeigten Person versehen waren: Was macht mich glücklich? Was hasse ich? was macht mich traurig oder nachdenklich? So wurden auch die einzelnen Individuen sichtbar.
Diese drei Ergebnisse der künstlerischen Werkstattarbeit wurden am vorletzten Seminartag öffentlich vor fast 30 angereisten Eltern, Geschwistern im wannseeFORUM präsentiert. Ein dreiköpfiges Schülerinnen-Team moderierte den Abend im rappelvollen Foyer an und führte dann durch die Veranstaltung. Die Ergebnisse der Werkstattarbeit wurden mit großer Konzentration und Ernsthaftigkeit präsentiert und von einem staunendem Publikum verfolgt. Am Ende stand der Stolz nicht nur den Eltern ins Gesicht geschrieben, sondern auch den Schüler*innen, denen nun erst bewusst zu werden schien, was sie die ganze Woche über hart erarbeitet und was für tolle Ergebnisse sie vorzuweisen hatten, die aus ihren eigenen Ideen entstanden waren. Auch sich den Eltern und den Mitschüler*innen auf diese ganz andere Art und Weise zu zeigen, bliebe ein unvergessliches Erlebnis, konstatierten viele in den anschließenden Werkstattauswertungen.
Weitere Impressionen aus dem Seminar auf Flickr
Das Seminar wurde gefördert durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie
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